Zum Hasen Cäsar und zu Kasper und René

***

Gedanken zum

Hasen Cäsar
und zu
Kasper und Rene

***

Aus einem Brief an den Chefredakteur Gert K. Müntefering, vom 28. Dezember 1966

Die Weihnachtswartesendung hat mir, von mancherlei Macken abgesehen, recht gut behagt. Aber man sollte doch wohl fragen: Sind zwei Stunden Kinderunterhaltung nicht in jedem Falle ein Unding an sich?

Merkwürdigerweise empfand ich die Caesar-Episode am meisten als Fremdkörper. Ich glaube auch zu wissen, dass das an der dramaturgischen Schiefheit des Buches lag. Dass ein Caesar nicht weiß, dass Weihnachten ist, gibt ihm ein Flair von Ignoranz, das nicht zu ihm passt; dass er sich sein Geschenk selber schenken muss, erweckt ein ebenso unpassendes, falsches Mitleid; und dass er am  Ende zwischen 4 und 5 Uhr am Heiligen Abend mit Bauchladen zum ausrufenden, anpreisenden Krämer wird, ist einfach der Stunde konträr, auch für Caesar. Ich hatte mir immer vorgestellt, – und dies im Sommer auch schon geäußert -, dass Caesar jetzt schon Ostereier bemalt, weil er sonst nicht fertig wird; dass er dieser Tätigkeit ein wenig zu lange in den Heiligen Abend hineinschiebt, – daraus hätte sich vermutlich besser kindlicher Witz ziehen lassen. 

Ich habe mich hier ein bisschen ausführlicher engagiert, weil uns der Hase Caesar ja wohl noch einige Zeit beschäftigen wird. Er war doch zunächst als Spiegelbild des Kindertyps gedacht, der verbalevollen Mundes alles in Angriff nimmt und am Ende alles lässt, also durchaus mit einem Schuss der Negation positiv wirkender pädagogischer Absicht beladen. Dass er dennoch unsere und wohl vieler Kinder Sympathie errang, macht ihn meiner Meinung nach zu einer besonderes wirkungsvollen, weil nicht simplifizierten Figur.

Nun soll er Disk-Jockey werden. Und mir scheint dabei die Hauptfrage zu sein: Wen oder was vertritt er dabei? Die etwas angeberischen Caesar-Kinder, die sich den Mund voll nehmen, könnte er nicht mehr sein, sonst ist sein Einsatz – etwas überzogen ausgedrückt – von der Redaktion nicht zu verantworten. Sie wären verpflichtet, Caesar senior zu engagieren. Ein Disk-Jokey hat Meinung, nimmt bewusst und unbewusst Stellung, versucht Einfluss zu nehmen, auf das musikalische Angebot, er ist nicht in der Erleidenssituation des Zuschauers, sondern sitzt am Schalthebel. Und unser aller Wunsch dürfte es doch sein, hier auch ein wenig Gehör und auch Geschmack zu bilden und nicht nur zu berieseln: darunter brauchen Show-Wert und Unterhaltungsheiterkeit nicht zu leiden.

Mir scheint im Augenblick, als ob dem zu suchenden Mitspieler da eine entscheidende, von Fall zu Fall immer wieder korrigierende Funktion zuteil werden sollte, die gerade, weil er als Tonchef mehr technische Funktion hat, besonders reizvoll sein kann. Also auch da eine Vater-, Freund- oder (im besten Sinne) Lehrer-Figur, damit ein Duo entsteht, das an Kasper und René erinnern mag, wenn auch in seiner Art ganz anders sein wird. 

Die UNICEF-Idee scheint mir an sich gut. Man muss dann allerdings wohl versuchen, Danny Kay oder wen auch immer nicht nur als Prominenz einzukaufen (die er nicht mehr in so deutlichem Sinne ist), sondern mit echter Funktion, wie denn überhaupt New York nicht als abendfüllend angesehen werden sollte. Das soll andererseits nicht heißen, dass man auf die Begegnung Caesars mit der Freiheitsstatue verzichtet. Ich meine nur, man muss auch bei solchem Projekt möglichst präzise programmieren.

Darf ich damit noch einmal auf Prag kommen: Wenn ich im Sommer vom Zauber Prags sprach, der einzufangen wäre, haben Herr Mohrhof und Sie mir mit Recht widersprochen: Die Moldau ist für Kinder ein Fluss und Wasser ist einfach Wasser. Dennoch meine ich, dass man die Stadt nicht zu sehr als Quantitée negligeable übergehen sollte. Dass es nicht zum 0-8-15-Feature mit dito Schwenks über eine fremde Stadt kommt, – dafür sorgen Arndts Buch und die Figuren ganz alleine. Aber die Vorstellung, in der Fremde zu weilen, sollte nicht nur auf Begegnungen im Studio beschränkt bleiben. Ich denke an eine Verhältnis von zwei Drittel im Studio und einem Drittel Außen. Ich stelle mir zum Beispiel sehr erheiternd vor, wenn Kasper mit seinem Auto über die Grenze fährt. Allerdings wegen der Sicherheits- und Drehbeschränkungsmühen nicht im Falle Prag, aber einen passvorweisenden und zolltechnische Fragen beantwortenden Kasper sollte man sich nicht entgehen lassen. 

Und noch ein Wort zur Produktionsform. Die Vorstellung, einen Kasper-Film mit einem fremden Team zu machen, ist mir – wie ich schon sagte – ein wenig unbehaglich. Ich glaube, der sich herauskristallisierende Stil dieser Filme (auf eine knappe Formel gebracht: durchaus festgelegte Spielhandlung als Reportage) ist auch durch die Intimität meiner Produktionsweise mitgeschaffen worden. Es geht mir dabei weniger um die Studio- als um die Außenaufnahmen. Das beginnt mit der ganz dumm erscheinenden Frage: Wer, in einem anderen Team, fährt das Kaper-Auto, wie wir es brauchen? Und endet etwa mit der wesentlich problematischeren Frage: Welche zusätzliche Arbeit habe ich zu leisten, um einen mir unbekannten Kameramann in den erarbeiteten Stil einzuweihen und einzuweisen?

Ich will das gewiss nicht zu einem großen Problem aufbauschen, aber ich möchte ein Risiko, das wir damit doch alle auf uns nehmen, wenigstens noch einmal zu bedenken geben. Vielleicht sollte man auch erwägen, nur die Außenaufnahmen in der bisherigen bewährten Form zu produzieren.

Zur Schallplattensendung gibt es in absehbarer Zeit das eingerichtete Buch und die Kalkulation. Drehzeitvorschlag, mit Hohnsteinern abgesprochen: nach Ostern, 28.3 bis 4.11.. Und als Rekapitulation Drehzeitvorschlag Prag: zweite Maihälfte, nach Pfingsten zwischen den beiden Ratereiseproduktionen. So, das war mein Beitrag zu Ihrem möglichen Lesestoffmangel in der Stillen Woche.

Mit allen guten Wünschen zum Neuen Jahr und herzlichen Grüßen Ihr 

PP